Wenn fünftausend Objekte umziehen
Autoren: Sarah Pfister, Museumleiterin | Beat Streit, Inventarteam
Ein Unglück kommt selten allein. Mitten im Corona-Jahr erhielt das Museum eine Hiobsbotschaft: die Kündigung des Mietvertrages für den grössten Archivraum per Ende Jahr. In diesen Räumen lagerte das Museum seit einigen Jahren rund fünftausend Objekte aus dem landwirtschaftlichen und alltagskulturellen Bereich. So begann im Frühsommer eine nicht ganz einfache Suche nach möglichst zentral gelegenen, für einen Stapler zugänglichen, ausreichend grossen und bezahlbaren Räumlichkeiten. Auf der Suche wurde rasch klar, dass in Münsingen und der näheren Umgebung zwar viele Lagerräume frei wären, diese aber nicht ins Museumsbudget passen. Unter anderem prüften wir eine Zwischenlösung, um ein wenig Zeit zu gewinnen. In der «Alten Moschti» wäre eine bezahlbare Zwischennutzung möglich gewesen. Dies hätte aber einen zweimaligen Umzug bedeutet.
Aus eins mach drei
Nach intensivem Suchen fanden wir neue Räumlichkeiten. Statt eines zentralen Archives konnten Räume an drei verschiedenen Standorten zugemietet werden. Die Erleichterung über die Lösung des vordringlichsten Problems hielt nicht lange an. Es stellte sich sofort die Frage, wie sich ein Umzug von über 5'000 Objekten bewerkstelligen lässt. Wer kann uns unterstützen und tatkräftig anpacken? Wie hoch sind die Kosten? Welche Objekte sollen neu an welchem Ort gelagert werden? Wie ist die Zugänglichkeit? Wie organisiert man einen Umzug «coronakonform»? Fragen über Fragen.
Depot-Umzug: Der Schrecken aller Museen
Das Archivteam, bestehend aus einer Gruppe von Freiwilligen und der Museumsleiterin, machte sich umgehend an die Planungsarbeit. In einem ersten Schritt wurde eine Triage vorgenommen: sämtliche Objekte wurden einem neuen Standort zugeordnet und so gekennzeichnet, dass das Umzugsteam wusste, was wohin gehört. Bei dieser Gelegenheit wurden auch einige Objekte «entsammelt», also aus der Sammlung ausgeschieden. Wo möglich wurden die Objekte vorgruppiert und für den Transport vorbereitet. Da sich allerdings auch viele sperrige und schwere Objekte in der Sammlung befinden, war diese Vorarbeit ohne ausreichende Muskelkraft nicht durchwegs möglich.
Das grosse Unbehagen über den bevorstehenden Umzug mit noch unsicheren Rahmenbedingungen liess erst nach, als die Zusage des Zivil- und des Kulturgüterschutzes der Region Worb-Bigenthal eintraf: Ein Trupp von Zivilschützern würde in erster Linie die Umzugsarbeiten übernehmen, während einige Angehörige des Kulturgüterschutzes besonders erhaltenswerte und bedeutende Objekte für den Katastrophenfall verorteten.
Schwer beladen
Im Oktober begann die Aktion: bei glücklicherweise stabilem Schönwetter bewältigten rund 12 Personen innerhalb von 3 anstrengenden Tagen den Umzug. Beteiligt waren nebst den Zivil- und Kulturgüterschützern auch viele Freiwillige des Museums: als Zügelmänner, z'Nüni- und z'Vieri-Frauen, Organisatoren und Tätschmeisterinnen. Dank der Zivilschutzorganisation standen Fahrzeuge und Anhänger zur Verfügung und der Besitzer einer der neu gemieteten Räumlichkeiten unterstützte den Umzug, indem ein Mitarbeiter mit dem Stapler die Objekte in den Lagerraum hob.
An den drei Tagen wurden Hunderte von Objekten zuerst mit Druckluft entstaubt, dann auf die Fahrzeuge geladen und am neuen Standort wieder ausgeladen. Die Objekte waren teils sperrig und schwer. Neben dem Hubstapler brauchte es viel Muskelkraft, aber auch Hirnschmalz, um Grosses, Schweres und Sperriges optimal durch die Tür- oder Toröffnungen zu bugsieren.
Masken auf!
Die Corona-Pandemie erforderte Schutzmassnahmen, die körperlicher Anstrengung und gemeinsamem Anpacken nicht unbedingt zuträglich sind. Wo immer möglich wurde in fixen Zweierteams gearbeitet und die Schutzmaske blieb auch bei intensivem Einsatz oben. Zum Glück! Einer der Zivilschützer musste wegen Verdacht auf eine Coronainfektion abkommandiert werden. Das negative Testergebnis des jungen Mannes sorgte dann im Museumsteam für grosse Erleichterung.
Ebenso gross waren Erleichterung und Freude nach getaner Arbeit: es war ein tolles Gefühl, die Objekte schliesslich «am Schärme» zu haben.
«Nachwehen»
Mit dem geglückten Umzug beginnen nun die «Nachwehen»: Es gilt, Gestelle aufzubauen und die Inventardatenbank nachzutragen. Im elektronischen Inventar wird jedes Objekt auf sein Vorhandensein hin kontrolliert. Jedes Objekt wird einem neuen Standort, Sektor und Fach zugeordnet. Das erfordert einen weiteren Effort des motivierten Museumsteams. 2021 können diese Arbeiten angepackt und zu einem guten Abschluss gebracht werden. Und dann wollen wir hoffen, dass wir möglichst lange vor einem weiteren Umzug verschont bleiben.