Eine Pionierin des Handpuppenspiels
Die am 9. Oktober 1923 in Münsingen geborene Therese Keller hat dem Handpuppentheater ein neues Gesicht gegeben. Aus dem unflätigen und stets in Prügeleien verwickelten Kasperle machte sie einen klugen und mutigen Jungen, der den Kindern ein Vorbild war. Als Ende der 1960er Jahre bekannteste und bedeutendste Puppenspielerin der Schweiz hat sie der Kunst des Figurentheaters zu neuer Wertschätzung verholfen.
Seit 1950 trat sie im In- und Ausland auf, leitete Puppenspielkurse und gab ihr Wissen in unzähligen persönlichen Kontakten weiter. Mit ihrer perfekten Spieltechnik, kunstvollen und beseelten Figuren, schauspielerischer Kraft und viel Humor hat sie weit über die Region hinaus gewirkt und internationale Anerkennung gewonnen. Besonderes Gewicht legte sie auf den erzieherischen Wert des Puppenspiels. Therese Keller hat eine Saat gelegt, die nach ihrem frühen Tod aufging: Ihr Wirken hat massgeblich zur Professionalisierung und Verbreitung des Puppenspiels für Kinder beigetragen.
Das Märchen im Alltag
Therese Kellers Geschichten beginnen oft im vertrauten Alltag und entführen uns in eine Welt voller Zauber und Fantasie, in der alles möglich ist. Der Wanderer zwischen den Welten ist in vielen Stücken Kasper. Er muss sich gegen Gestalten behaupten, die die dunklen menschlichen Seiten verkörpern. Mutig, ehrlich und witzig begegnet er Tod und Teufel, Zauberern und bösen Buben, aber auch hilfreichen Zwergen, freundlichen Tieren und Fabelwesen. Fritzli ist sein treuer Gefährte. Auf der Reise durch Gutes und Böses steht Kasper stets für das Gute ein und sorgt beherzt für einen guten Ausgang. Bis zu ihrem Tod 1972 inszenierte Therese Keller etwa 60 Geschichten. Die subtile Gestaltung und die grosse Ausdruckskraft ihrer Figuren beeindrucken auch den heutigen Betrachter.
Lebenslauf
Am 9. Oktober 1923 wird Therese Keller als drittes von vier Kindern von Rechtsanwalt Paul Keller und Martha Umiker in Münsingen geboren. Schon als Kind bastelt sie Puppen und spielt vor Nachbarskindern.
1942 bis 1944 besucht sie das Kindergärtnerinnenseminar Bern. Dort wird sie endgültig vom Puppenspielvirus infiziert.
1945 bis 1946 arbeitet sie als Kindergärtnerin in Kirchdorf.
1947 bis 1948 lebt sie in England und unterrichtet in einem Kinderheim und an einer Schule.
1949 beschliesst sie, das Puppenspiel zum Beruf zu machen. Ein ganzes Jahr lang übt sie intensiv, formt Figuren und schreibt Stücke.
Ab 1950 geht sie mit der eigenen Puppenspielbühne auf Tournee. Bühne, Figuren und Requisiten packt sie in einen Leiterwagen. Therese Keller definiert die traditionelle Kasper-Rolle völlig neu: Er ist nicht länger ein grober Witzbold, sondern ein pfiffiger, lustiger Junge. Kasper meistert das Leben und ist ein Vorbild für die Kinder. Sie schafft Figuren wie Fritzli, den unermüdlichen Frager, der Kaspers Gefährte wird.
1950 bis 1956 spielt sie intensiv im In- und Ausland.
1956 bis 1957 braucht Therese Keller eine Auszeit. Sie leistet einen Sozialeinsatz im Kinderdorf Rimini.
1958 bis 1964 spielt sie weitere sieben Jahre sehr intensiv in Deutschland und im Nahen Osten. Sie gibt Puppenspielkurse und ist Mitbegründerin der Vereinigung Schweizerischer Puppenspieler.
1964 bis 1965 nimmt sie sich eine zweite Auszeit von einem Jahr. Sie arbeitet für den Christlichen Friedensdienst auf der griechischen Insel Levkas.
1965 blühen Therese Kellers schöpferische Kräfte neu auf. Sie findet im Walliser Dörflein Zeneggen einen Rückzugs- und idealen Arbeitsort. Das Schweizer Fernsehen macht Aufzeichnungen für die Sendung « Die Jugendstunde ».
1970 erhält Therese Keller den Jugendbuchpreis des Schweizerischen Lehrervereins. Sie ist die bekannteste Puppenspielerin der Schweiz.
Im Mai 1972 erleidet sie während einer Tournee in der Ostschweiz einen Darmverschluss. Sie stirbt am 19. Mai im Alter von 49 Jahren.
Dauerausstellung
Therese Kellers Kunst und ihr Weltbild
«Ich bin keine Künstlerin ich bin eine Erzieherin.»
Therese Keller zu ihrem Vater
So sah Therese Keller ihre Mission: nicht als Künstlerin wollte sie wirken, die sich mit ihresgleichen mass, sondern als Mensch mit einem Bildungsauftrag, der Kunst als Medium einsetzt:
«Unsere Handpuppen sind lauter Sinnbilder, Bilder, die den Sinn des Erlebens erklären helfen. Ein Gemälde, eine Musikkomposition, echte Dichtung, alle stellen ein Weltbild vor Augen, eine Anschauung vom Menschen und seinem Schöpfer. Wir werden die Sehnsucht nach dem Sinn nie los, und wenn wir auf der Puppenbühne ein rundes, kleines,
sinnvolles Weltbild erleben, sind wir überglücklich, und unsere Seele kann sich für eine Weile sättigen, während sie manchmal bei einer alttestamentlichen Predigt hungrig bleibt.»
Damit besann sie sich in exemplarischer Weise auf das, was viele als erste Aufgabe der Kunst betrachten: den Menschen über seine Situation in der Welt aufzuklären – ganz im Sinne von Novalis:
«Das Theater ist die tätige Reflexion des Menschen über sich selbst.»