Erst im 18. Jahrhundert verbesserte man die Strassen: Ab 1742 flossen dabei Mittel aus einem Staatsfonds. So erhielt Bern eines der besten Strassennetze Europas. Zwar gab es für die Reparaturen an der Strasse Bern – Thun 1754 noch keine Staatsbeiträge, doch der Ausbau wurde von der Obrigkeit beaufsichtigt.
Längs der neuen Strassen wurden Stundensteine gesetzt. Ausgangspunkt der Stundenzählung war der Zeitglockenturm in Bern.
Autos statt Ross und Wagen
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts tauchten die ersten Autos auf den Strassen auf. In der Bevölkerung löste das neue Fortbewegungsmittel Ängste aus. Es störte und verdrängte Fuhrwerke, Reiter:innen und Fussgänger:innen.
Dass anfangs nur wohlhabende Menschen Autos fuhren, förderte die Sympathie für das Verkehrsmittel nicht. Gemeinden entlang der Bern-Thun-Strasse schlossen sich zusammen, um den Verkehr von Autos und Fahrrädern zu überwachen. Bei Tempoüberschreitungen mussten Autofahrer:innen 50 Franken, Motorradfahrer:innen 20 Franken und Fahrradfahrer:innen 5 Franken als Kaution hinterlegen.
1914 genehmigte der Bundesrat ein Konkordat. Es schrieb vor, dass Fahrzeuge in Städten, Dörfern und Weilern nicht schneller fahren durften als ein trabendes Pferd: 18 km/h. Zudem war die Geschwindigkeit so anzupassen, dass weder Kot noch Staub von den unbefestigten Strassen die Bevölkerung belästigten.
Das Auto dominierte die Strassen immer stärker. 1925 gab es in Münsingen bereits 30 Autos. Die Staatsstrasse durch Münsingen erhielt 1922 ihren ersten Deckbelag. Die Bern-Thun-Strasse wurde in den 1950er-Jahren weiter ausgebaut.
Mehr Strassen für mehr Autos
Der stetig wachsende Verkehr belastete das Dorf zunehmend. Bereits 1930 warb ein Komitee für eine zweispurige kostenpflichtige Autostrasse entlang der Aare zwischen Muri und Thun mit einem Anschluss für Münsingen. Die Kantonsregierung lehnte den Vorschlag ab.
Dafür wurde die bestehende Strasse zwischen Rubigen und Wichtrach 1949 bis 1952 ausgebaut. Die Strasse war schneller befahrbar, aber auch gefährlicher. Gemeindebürger:innen und Behörden versuchten, gegen Unfälle und rücksichtslose Fahrweise anzugehen. Der Erfolg war bescheiden. Der Kanton lehnte Gesuche für Fussgängerstreifen und ein Überholverbot ab. Auch eine Tempobeschränkung auf 40 km/h innerorts wurde abgelehnt. Erst 1960 wurde eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h eingeführt. Die Strasse wurde auf neun Meter Breite ausgebaut und dreispurig markiert, doch die Benutzung der Mittelspur war nicht geregelt. Die Folge waren Verkehrsunfällen mit 8 Toten auf dem als «Todesstrecke» berüchtigten Abschnitt zwischen Münsingen und Wichtrach. 1967 wurde die Dreispurstrecke wieder zweispurig. Es galt neu ein Tempolimit von 80 km/h.
Der «Münsinger Stau»
Das Münsinger Strassennetz konnte das Verkehrsaufkommen lange aufnehmen. Doch die Verkehrsgabelung mitten im Dorf mit den Abzweigungen nach Tägertschi / Konolfingen, nach Thun und Richtung Bahnhof musste weichen. 1947 kauft die Gemeinde zwei der drei Gebäude auf dem Dorfplatz-Dreieck. Deren Abriss sollte Platz für den Verkehr schaffen – so reagierte der Gemeinderat auf das « gegenwärtige Verkehrschaos » und die Pläne für den Ausbau der Bern-Thun-Strasse. 1965 wurden die drei Häuser auf dem Dorfplatzdreieck abgerissen. Sowohl im oberen Dorfteil wie auch westlich der Bahnlinie entstanden neue Quartiere, die erschlossen werden mussten. Ein Kreisel sollte den Verkehr flüssiger machen. Seither wird der ehemalige Dorfplatz vom Kreisverkehr dominiert und dient in erster Linie als Verkehrsfläche.
Staus gehören seit langem zum Verkehrsalltag zwischen Rubigen und Münsingen, im Münsinger Ortszentrum und im Bahnhofquartier. Bis zur Inbetriebnahme der Entlastungsstrasse passierten täglich fast 20 000 Fahrzeuge den Ortskern. Mit dem Dreierpaket Sanierung der Ortsdurchfahrt, Entlastungsstrasse Nord und durchgehende Industriestrasse soll das Münsinger «Verkehrsproblem» bis 2026 gelöst sein.